Heike Thormann ~ Autorin, Lektorin, Buchproduzentin


Heike Thormann, Autorin, Lektorin, Publizistin
Heike Thormann
Autorin, Lektorin, Buchproduzentin

Artikel
"So finden Sie einen Titel für Ihr Buch"

von Heike Thormann

Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt.

Wenn Sie Ihr Buch bei einem Verlag unterbringen wollen, brauchen Sie einen guten, überzeugenden Arbeitstitel, der Ihr Buch für Lektor und Verlag schmackhaft macht. Und wenn Sie Ihr Buch mit einem Selbstverlag selbst veröffentlichen wollen, brauchen Sie erst recht einen attraktiven, zugkräftigen Buchtitel, der den Verkaufserfolg Ihres Werkes steigern hilft. Aber wie finden Sie einen solchen Titel? Hier habe ich ein paar Tipps für Sie.

Eines vorab: Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, jeder hat seinen ganz persönlichen. Ein Buchtitel, der Ihnen gefällt, wird einem anderen vielleicht gar nichts geben. Erwarten Sie deshalb bei diesem Artikel bitte keine Schablone à la „mit diesem Titel liegen Sie richtig“. :-) Allerdings kann ich Ihnen einige Kriterien nennen, die Ihnen die Suche nach einem Titel für Ihr Buch etwas erleichtern.

Der Titel ist wichtig für Ihr Buch

Zumindest der Autor von „It‘s my life“, Peter Prange, hat am eigenen Leib erfahren, wie wichtig der Titel für den Verkaufserfolg eines Buches sein kann. Sein eigener erster Titel floppte, bei der Neuauflage seines Buches setzte der Verlag einen anderen Titel durch - und voilà, das Buch wurde zu einem Kassenschlager.

Doch diese Vergleichsmöglichkeit haben nicht viele Autoren. Und oft genug wird die Sache sicher auch andersherum funktionieren: Dank besseren Marketings, Zeitgeists, richtigen Timings und Ähnlichem mehr läuft das Buch - und damit wird auch der Titel „aufgewertet“ und brennt sich in den Köpfen der Menschen ein.

Auf jeden Fall ist das Schicksal von Buchtitel und Buch, ja sogar von Cover, Layout und Gestaltung eng miteinander verknüpft. Alles muss zusammenpassen und eine bestimmte „Botschaft“ verkörpern. Und mit dieser Botschaft muss ein Buch dann potenzielle Käufer und Leser anziehen und sich verkaufen. Investieren Sie also ruhig etwas Zeit in die Suche nach einem guten Buchtitel.

Was suchen Sie genau: Arbeitstitel oder Buchtitel?

Wenn Sie Ihr Buch bei einem (fremden) Verlag unterbringen wollen, wird sich dieser in der Regel die Entscheidung über den letztendlichen Buchtitel vorbehalten. Der Verlag wird prüfen, welcher Titel zu seinem Programm passt und sich voraussichtlich gut verkaufen lässt, und danach wird er auswählen. (Sie können aber versuchen, auf einem Vetorecht zu bestehen, falls Sie mit der Wahl des Verlages überhaupt nicht einverstanden sind.)

In dem Fall suchen Sie nicht nach einem Buchtitel, sondern nach einem oder mehreren Arbeitstiteln für Ihr Buch. Geben Sie sich ruhig die gleiche Mühe, als ob das der richtige Buchtitel wäre. Erstens kann der Verlag durchaus einen Ihrer Titelvorschläge so gut finden, dass er ihn übernehmen will. Beziehungsweise er kann sich zumindest als Vorlage davon inspirieren lassen. Und zweitens müssen Sie Ihr Buch ja zunächst einmal dem Verlag verkaufen oder schmackhaft machen, um von diesem angenommen zu werden. So wie also der spätere Buchtitel Käufer für das Buch finden soll, muss Ihr Arbeitstitel den Verlag von Ihrem Buch überzeugen.

Wenn Sie andererseits Ihr Buch über einen Selbstverlag selbst verkaufen wollen, müssen Sie natürlich sowieso einen Titel für Ihr Buch finden, logisch :-).

Was sind die Aufgaben eines Buchtitels?

Ich habe gerade schon einige Aufgaben oder Funktionen eines Buchtitels genannt:
  • Er sollte das Buch verkörpern. Buch, Buchtitel, Cover und Design bilden eine Einheit.
  • Er sollte kurz und knapp auf den Punkt bringen, worum es in dem Buch genau geht.
  • Er sollte dem Leser klar machen, welchen Nutzen er von dem Buch erwarten darf.
  • Er sollte unverwechselbar, einmalig sein und gegebenenfalls über Stichworte in Datenbanken, Online-Shops und Ähnlichem gefunden werden können. (Das gilt vor allem für Sach- und Fachbücher.)
Und er sollte, genau, entscheidend zum Verkaufserfolg eines Buches beitragen.

Dazu muss er
  • die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden erregen und diese dazu bringen, sich näher mit dem Buch zu beschäftigen,
  • aussagekräftig und konkret die Inhalte und den Nutzen eines Buches kommunizieren,
  • attraktiv klingen, neugierig machen und doch gleichzeitig glaubwürdig sein.

Der Spagat zwischen Zugkraft und Glaubwürdigkeit

Autoren - oder Verlage - machen häufig zwei Fehler:
  • Entweder sie gestalten den Titel nicht zugkräftig genug, bleiben langweilig, blass und fad, überfrachten den Titel mit Schlagworten oder nutzen ihn als erweiterte Inhaltsangabe.
  • Oder sie gestalten den Titel nicht glaubwürdig genug, neigen zu Übertreibungen, Phrasen, bedienen sich bei Schlagworten, die gerade „in“ sind, und wecken falsche Erwartungen.
Ich habe rund zehn Jahre lang Bücher rezensiert und hunderte Bücher unter die Lupe genommen. Besonders ungut habe ich immer auf ein Buch reagiert, das nicht gehalten hat, was es mit dem Titel versprach. Denn hier kam ich mir als Käufer "geneppt" und um mein Geld gebracht vor.

Wenn ein Buch zum Beispiel primär den Perfektionismus behandelt, aber auf dem Buchtitel mit (Wissen gegen) Perfektionismus und Burnout wirbt, ist das so ein Fall. Zumal, wenn der Burnout in dem Buch nur kurz als eine mögliche Folge von Perfektionismus vorkommt.

Für mich hat sich der Verlag dann an den Zeitgeist angehängt, um die Verkaufszahlen in die Höhe zu treiben. Da die meisten Verlage eher unsichtbar bleiben und viele Leser nicht wissen, dass die Verlage in der Regel den Titel festsetzen, fällt so etwas womöglich auch noch auf den Autor oder die Autorin zurück. 

(Im Übrigen ist mir aufgefallen, dass das offenbar relativ typisch für den deutschen Buchmarkt zu sein scheint. Ausländische Originaltitel sind in der Regel erheblich aussagekräftiger, echter und dichter am Inhalt.)

Etliche diesbezügliche Experten warnen immer wieder davor, den Titel in diesem Sinne zu missbrauchen, um die Leserschar nicht zu verprellen. Offenbar nicht immer mit Erfolg.

Also noch einmal: Ja, Ihr Buchtitel sollte attraktiv klingen und zugkräftig sein. Doch er sollte auch glaubwürdig sein, die Sprache der anvisierten Zielgruppe/Leserschar sprechen, zum Inhalt des Buches passen und halten, was er verspricht.

Eine Einschränkung gibt es: Wenn Sie mit Titel und Untertitel arbeiten (vor allem bei Sachbüchern, Fachbüchern und Ratgebern), können Sie den Titel etwas freier gestalten, sollten dann aber im Untertitel sagen, worum es geht. (Wobei ich auch hier aufpassen würde, den (Ober-)Titel nicht zu sehr vom eigentlichen Inhalt zu lösen.)

Kriterien für die Gestaltung eines Buchtitels

Die Form: Die Form Ihres Titels ist relativ frei. Er kann aus einem Wort bestehen oder auch so sperrig sein wie „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.“ Zudem kann er, wie gesagt, auch einen Untertitel haben. Dazu gleich mehr.

Die Sprache: Bei der Sprache müssen Sie den Spagat zwischen Glaubwürdigkeit und Attraktivität hinbekommen. Sie können zum Beispiel mit Sprachbildern, Wortspielen, Zitaten, Redewendungen, Alliterationen und mehr spielen. Zudem ist es hilfreich, sich auf die Sprache Ihrer Zielgruppe einzuschießen (wenn Sie diese kennen und klar umreißen können) oder sie wieder an den Inhalt Ihres Buches anzupassen (von seriös bis provokant).

Das Genre: Manche Ratgeber-Autoren unterscheiden auch nach dem Genre des Buches.
  • Schon beim Fachbuch ist der Titel, passend zum Zeitgeist, immer aufmerksamkeitsheischender und emotionaler geworden. Erst der Untertitel sagt konkret, worum es eigentlich geht, und bringt Stichworte, nach denen Fachleser suchen. Ein älteres Beispiel: „Miteinander reden. Psychologie der Kommunikation.“
  • Beim Ratgeber gilt es vor allem, die Bedürfnisse der potenziellen Leser anzusprechen und ihnen bereits mit dem Titel den Nutzen des Buches vor Augen zu führen. Also etwa: „Feng Shui für die Seele“ oder „Sieben Wege zur Effektivität“. Ist das Buch eher ein „nice-to-have“ (nette Ergänzung), kein „must“ (unbedingt notwendig), können Sie auch wieder mit der Sprache spielen, sogar ironisch werden wie in „Wie Sie Ihren Arzt davon abhalten, Sie umzubringen“.
  • Beim Sachbuch ist es noch wichtiger als bei den anderen beiden Gruppen, den richtigen Reiz zu setzen und die Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden zu gewinnen. Schließlich geht es hier nicht um Bücher, die man vermutlich um des Inhalts willen brauchen wird. Sachbücher sind Bücher, die ganz gern gelesen werden, auf die man aber auch verzichten kann, und die deshalb darum „buhlen“ müssen, gekauft zu werden. Das Angebot reicht hier von durchaus noch nüchtern-seriösen „Schlössern in xyz“ bis zu boulevardähnlichen Übertreibungen wie „Europa in der Krise“.
Diese und ähnliche Tipps zur Gestaltung von genre-gerechten Buchtiteln lesen Sie bei Oliver Gorus und Jörg Achim Zoll: „Erfolgreich als Sachbuchautor. Gekonnt publizieren - von der Buchidee bis zur Vermarktung.“, Offenbach 2006.

Noch kurz zur Belletristik: Hier haben Sie in der Regel nur einen (Ober-)Titel, keinen Untertitel. Das macht die Sache aber leider nicht einfacher, da Sie diesen dann auch nicht nutzen können, um etwas besser zu erklären und auf den Punkt zu bringen. Dafür sind Sie in der Gestaltung erheblich freier - mit allen Vor- und Nachteilen. Doch auch hier ist es hilfreich, wenn Sie darauf achten, zum einen das Wesen Ihres Buches zum Ausdruck zu bringen, zu sagen, worum es in Ihrem Buch geht, und zum anderen attraktiv genug zu sein, um neugierig zu machen.

Einige Besonderheiten: Untertitel und Fortsetzungen

Lassen Sie mich noch zu zwei Besonderheiten kommen.

Der Untertitel: Den Untertitel haben Sie gerade schon kennengelernt. Er kommt vor allem bei Sach- und Fachbüchern und Ratgebern vor. Mit dem Untertitel haben Sie die Möglichkeit, weitere Informationen oder Stichworte unterzubringen, zu vertiefen, die Zielgruppe einzugrenzen, den Nutzen (stärker) zu kommunizieren und anderes mehr. Damit entlasten Sie den (Ober-)Titel oder Haupttitel und können diesen schlagkräftiger und griffiger gestalten. 

Einmal ein paar Beispiele aus meinem Bücherregal:
  • „Die Mäuse-Strategie für Manager. Veränderungen erfolgreich begegnen.“
  • „Wenn das Reptil ins Lenkrad greift. Warum Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nicht den Regeln der Vernunft gehorchen.“
Oder zwei Bücher aus meinem früheren Studium zur Historikerin:
  • „Überall ist Mittelalter. Von der Gegenwart einer vergangenen Zeit.“
  • „Der ferne Spiegel. Das dramatische 14. Jahrhundert.“
(Bei Letzterem muss man allerdings schon den Inhalt kennen, um zu wissen, dass die Autorin mit dem „fernen Spiegel“ gemeint hat, dass sich unsere heutige Welt gut im 14. Jahrhundert wiedererkennen kann, dass dieses wie ein ferner Spiegel wirkt. Dennoch finde ich diesen Titel sehr gelungen.)

Fortsetzungen/Reihen: Hier können Sie mit Titel oder Untertitel bewusst an frühere (erfolgreiche) Bücher anknüpfen. (Beispiel: „xxx. (Obertitel) Fortsetzung von ... (Untertitel)“) Oder Sie können mit ähnlich aufgebauten Titeln einen Reihencharakter erzeugen, den Wiedererkennungswert erhöhen und wieder vom Erfolg früherer Bände profitieren. (Beispiel: Die biblischen Zitate der Buchtitel von Elizabeth George.)

Noch ein paar Tipps zur Vorgehensweise

Gut, wenn Sie jetzt nach Ihrem Buchtitel fahnden, könnten Sie zum Beispiel Folgendes tun:

1. Ein Gefühl für die Sache bekommen

Stöbern Sie zum Beispiel in Buchhandlungen oder im Internet. Fragen Sie sich bei Bü-chern, deren Titel Ihnen gut gefallen ODER überhaupt nicht gefallen, was genau Ihnen am Titel gefällt oder nicht gefällt. Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung: Welche Titel ziehen Ihre Aufmerksamkeit an und warum?

Zweiter Schritt: Gehen Sie danach in die Tiefe und fragen Sie sich, ob diese Bücher aus einem Guss zu sein und ihre „Versprechen“ halten zu können scheinen. Studieren Sie dazu ggf. Klappentexte, Inhaltsverzeichnis und Co.

2. Die Sprache an die Zielgruppe anpassen

Schreiben Sie für eine konkrete/eingrenzbare Zielgruppe wie etwa ein bestimmtes Fachpublikum, akademisches Bildungsbürgertum, die gestresste oder verwöhnte (je nach Perspektive) Nur-Hausfrau oder den „einfachen Arbeiter“? In welcher Sprache ist diese Zielgruppe dann zuhause? Mit welchen Begriffen oder welcher Wortwahl können Sie Nähe herstellen?

3. Nutzen und Inhalt kommunizieren


Schreiben Sie in Stichpunkten auf, worum es in Ihrem Buch geht (der Inhalt) beziehungsweise welchen Vorteil der Leser von Ihrem Buch hat, wobei Sie dem Leser helfen wollen (der Nutzen). Spielen Sie mit diesen Stichpunkten, schieben Sie sie hin und her, kombinieren Sie sie immer wieder neu, suchen Sie nach Sprachbildern, die zu diesen Stichpunkten passen.

4. Ausprobieren und testen

Testen Sie Ihre Favoriten an Ihrem sozialen Umfeld, Freunden, Bekannten, Kollegen aus. Wenn Sie Stammkunde bei einem Buchhändler, Verleger oder Ähnliches sind und dieser Sie kennen sollte, können Sie gegebenenfalls auch ihn um eine Meinung bitten. Aber denken Sie daran: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. :-) Sie werden vermutlich so unterschiedliche Antworten bekommen, wie Ihr Testpublikum beschaffen ist. Die letztendliche Entscheidung für Arbeitstitel oder Buchtitel müssen Sie selbst treffen.

Zu guter Letzt: Den Titelschutz beachten

Achtung: Spätestens, sobald Sie Ihr Buch in den offiziellen Handel bringen, greift der gesetzliche Markenschutz. Klauen Sie deshalb keine Titel oder Untertitel und lehnen Sie sich auch besser nicht zu eng an schon vorhandene an. :-) (Obwohl manche Verlage gerade das Spiel mit der Ähnlichkeit sehr weit treiben, um von erfolgreichen Vorläufern zu profitieren.) Damit verstoßen Sie gegen geltendes Recht und das kann teuer werden.

Wenn Sie nur Arbeitstitel formulieren, muss Ihr Verlag die Titelprüfung übernehmen und im Fall des Falles dafür geradestehen. Wenn Sie selbst verlegen, ist das Ihre Aufgabe. Recherchieren Sie dazu zum Beispiel im Verzeichnis lieferbarer Bücher (vlb.de) oder bei der Deutschen Nationalbibliothek (dnb.de). Manche Buchagenturen übernehmen gegen Entgelt die Recherche und fahnden auch nach Büchern, die noch nicht veröffentlicht wurden, für die aber schon Titelschutz in Anspruch genommen wurde.

Diesen Titelschutz können Sie übrigens auch selbst für Ihre eigenen, noch nicht vergebenen Buchtitel in Anspruch nehmen. Dazu können Sie zum Beispiel eine Titelschutzanzeige schalten im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (boersenblatt.net) oder auf titelschutzanzeiger.de. Sobald Ihr Buch veröffentlicht ist und der Titel noch frei ist, ist er automatisch durch die Ingebrauchsnahme geschützt.

Ich wünsche Ihnen eine gute Jagd nach Titeln für Ihr Buch. :-)

Copyright Heike Thormann
Auf dieser Webseite veröffentlicht am 12.3.2024
Erstveröffentlichung 2013, letzte Überarbeitung 2024

Auszug z. B. aus diesen Büchern:

(Bei Klick auf das Bild geht's zum Buch.)

Workbook: Der Traum vom Buch
Lernpaket: Schreib dein Sachbuch
Lernpaket: Schreib dein Buch

Auch hilfreich z. B.:

(Bei Klick auf das Bild geht's zum Buch.)

Selbstlernkurs: Die Bücherschmiede
Selbstlernkurs: Schreiben wie ein Profi
Ratgeber: Der Erste-Hilfe-Koffer für Buchautoren

Informiert bleiben?

Teilen? Herzlichen Dank!

Möchten Sie sich für meine Artikel mit einer kleinen Spende bedanken? Dann sage ich herzlichen Dank. :-) (QR-Code oder Button zu Paypal.)

Share by: