Heike Thormann, Autorin, Lektorin, Publizistin
Heike Thormann
Autorin, Lektorin, Buchproduzentin

Artikel
"6 Tipps, wie Sie Ihren inneren Kritiker zähmen"

von Heike Thormann

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„Unser schlimmster Feind sind wir selbst.“ Das ist ein kluger Spruch. Denn kein äußerer Feind könnte uns so fertigmachen, wie wir das täglich in Form unseres inneren Kritikers selbst tun. Mit dem Ergebnis, dass Autoren vielleicht nicht mehr schreiben, Kreative ihr Werk begraben und alle anderen sich das Leben unnötig erschweren. Lesen Sie, wie Sie mit diesem inneren Kritiker besser umgehen.

Viele Menschen, ob kreativ tätig oder nicht, fürchten die Kritik von anderen. Dabei sitzt der schlimmste Kritiker uns nicht gegenüber, sondern mitten in unserem Kopf: Es ist der sogenannte innere Kritiker.

Schriftsteller leiden an einer Schreibblockade, weil ihr innerer Kritiker ihnen erzählt, dass sie nicht schreiben können. Trainer kasteien sich nach einem Seminar, was sie alles besser hätten machen können. Der Normalbürger findet sich zu dick, zu dünn, redet sich ein, er oder sie sei ein Versager, und bedenkt sich mit Nettigkeiten, die man oft seinem schlimmsten Feind nicht ins Gesicht sagen würde.

Was ist der innere Kritiker?

Der innere Kritiker ist der kleine Mann in unserem Ohr, der uns von früh bis spät an unsere Fehler und Schwächen erinnert, bis wir uns selbst blockieren und gar nichts mehr geht. Das ist aber tödlich für unsere Kreativität, denn wer fängt schon gern etwas Neues an, wenn die Stimme in ihm flüstert, dass das sowieso schiefgehen wird.

Der innere Kritiker begleitet uns seit frühester Kindheit. Er ist die Stimme der personifizierten Ratschläge und kritischen Rückmeldungen, mit denen wir großgeworden sind. 

Das Problem ist, dass er einseitig operiert. 

Denn wenn Eltern oder andere prägende Personen uns früher ermahnt oder kritisiert haben, gab es vermutlich oft auch Gegenbeispiele wie Lob, Anerkennung, liebevolle Worte und Gesten. Selbst wenn all dies vielleicht nicht ausdrücklich geäußert wurde und man genauer hinsehen musste. 

Doch die blendet der innere Kritiker komplett aus beziehungsweise er hat sie nicht bewusst wahrgenommen. Das kann an Prägungen und Erfahrungen liegen. Aber auch die evolutionäre Grundeinstellung unseres Gehirns, stärker auf Fehler als auf Positives zu achten, weil Fehler einem im schlimmsten Fall das Leben kosten können, lässt grüßen.

Dabei muss es unser Hausfreund gar nicht mal böse meinen. Oft will er uns – ähnlich wie der innere Schweinehund – nur vor Schaden oder schmerzlichen Erfahrungen bewahren, indem er uns entweder trimmt oder ausbremst. 

Denn je unbarmherziger wir uns selbst kritisieren (und entsprechend an uns herumzupfen), desto weniger haben andere Anlass, das zu tun. Und je weniger wir uns zutrauen, desto weniger kann auch schiefgehen.

Allerdings hat das – ebenfalls ähnlich wie beim inneren Schweinehund – nur die fatale Folge, dass wir uns damit oft erst recht Schaden zufügen. 

Nur wenige werden wohl ein solches Gewitter an Selbstvorwürfen überstehen, ohne dass ihre Seele leidet. Wer beständig gegen sich selbst kämpfen muss, macht sich das Leben schwerer, als es ist. Und kreative Träume, Taten und Werke landen womöglich dort, wo sie ungut Schimmel ansetzen: in der Schublade.

Was also tun, wenn wir vor lauter Selbstkritik mit innerem Kritiker nicht mehr dazu kommen, unsere Kreativität zu leben? Dafür habe ich hier 6 Tipps für Sie.

Achtung: Bitte nehmen Sie diesen Artikel, wie andere ähnlich gelagerte Beiträge auch, nur als Anregung. Ich kann und möchte keine psychologische Beratung geben, sondern kann nur auf etwas hinweisen, an dem Sie dann gegebenenfalls selbst weiterarbeiten können.

1. Machen Sie Ihren inneren Kritiker sichtbar

Wenn Sie die Stimme in Ihrem Ohr, die Stimme Ihres inneren Kritikers, als solche erkennen, ist das oft schon die halbe Miete. Denn viel zu viele nehmen das tägliche Gewitter als naturgegeben hin. Als höhere Gewalt, der wir blind folgen. 

Dabei ist es nur ein Teil von uns, den wir selbst erschaffen haben, um bestimmten Dingen Ausdruck zu verleihen. Wir können ihm seine Gestalt und Macht auch wieder nehmen.

Manchmal verkörpert der innere Kritiker auch eine bestimmte Person für uns: ein strafendes Elternteil zum Beispiel. Hier hilft es ebenfalls, sich klarzumachen, dass wir keinen ehernen Wahrheiten lauschen, sondern nur etwas Äußerem und/oder selbst Erschaffenem.

2. Hinterfragen Sie Ihren inneren Kritiker

Wer mich kennt, weiß, dass es zu meinen Lieblings-Gewohnheiten gehört, alles und jeden zu hinterfragen. Manchmal ist das zwar lästig und manchmal stelle ich mir damit selbst ein Bein, doch meistens ist es recht nützlich. Im Fall des inneren Kritikers bewahrt es mich oft davor, unreflektiert solchen vermeintlichen Wahrheiten zu folgen.

Denn Kritik, egal ob innere oder äußere, ist zunächst einmal nur eines: eine Sichtweise. Mehr nicht. Niemand zwingt mich, mich ihr anzuschließen und ihr zu folgen.

Wenn Sie nicht schon in der Pubertät gegen Ihre Eltern rebelliert und Ihren eigenen Standpunkt vertreten haben, dürfen Sie das spätestens jetzt mit dem inneren Kritiker tun. :-) Entscheiden Sie immer selbst, ob das, was Ihr Hausfreund Ihnen sagt, Ihrer Meinung nach gerechtfertigt ist oder nicht.

3. Entkräften Sie den inneren Kritiker durch Gegenbeispiele

Leichter geht es, wenn Sie Gegengewichte suchen. Wenn die Stimme in Ihrem Ohr Ihnen also wieder zuflüstert, dass Sie eine Niete sind, ist es höchste Zeit, dies durch Gegenbeispiele zu entkräften: Machen Sie sich Ihre Erfolge bewusst. Erkennen Sie Ihre Stärken. Fragen Sie andere Menschen und lassen Sie sich Feedback geben.

Ich würde mich nicht wundern, wenn es Ihnen so geht wie einer Teilnehmerin von mir, die verwundert bis entrüstet war, dass ich so wenige „Fehler“ in ihrem Text angestrichen hatte. Bei ihr hatte sich die Überzeugung verfestigt, dass sie die größte Niete im Schreiben sei, die es gibt. :-)

4. Entwickeln Sie Ihre eigenen Maßstäbe und Werte

Leichter geht das Hinterfragen auch, wenn Sie Ihre eigenen Maßstäbe und Werte ausbilden. Wenn Ihr innerer Kritiker Ihnen zum Beispiel erzählen möchte, dass Sie zu bequem sind, es für Sie aber völlig in Ordnung ist, bequem zu sein, solange Sie Ihre Aufgaben bewältigt bekommen, halten Sie ihm das entgegen.

Schließlich stecken hinter der Stimme Ihres inneren Kritikers oft nur Muster und Ansichten, die Ihnen von anderen vorgehalten wurden oder werden, die diesen aber oft noch nicht einmal selbst folgen müssen. 

Werte sind beliebig. Nur Sie entscheiden, bis zu welchem Grad Sie mit Ihrer Bequemlichkeit vielleicht noch auskommen und wann Sie gegen diese vielleicht etwas unternehmen müssen.

5. Seien Sie liebevoll zu Ihrem inneren Kritiker

Nehmen Sie Ihrem inneren Kritiker viel von seiner Schärfe, indem Sie ihn liebevoll umarmen. Zucken Sie nicht unter seinen Schlägen zusammen. Sie wissen ja jetzt: Oft meint er es eigentlich nur gut mit Ihnen. 

Wenn Sie so wollen, haben Sie hier oft eine Mischung aus übernommenen Autoritätsfiguren (Eltern, andere Bezugspersonen, Medien usw.) und Ihrem eigenen ängstlichen Ich vor sich.

Besänftigen Sie dieses zeternde kleine Kind, das seine Deckung nicht verlassen möchte. Machen Sie ihm Mut, vielleicht herauszufinden, dass die Annahme „ich bin zu dick“ oder „ich bin die größte Niete im Schreiben, die es geben kann“ völlig aus der Luft gegriffen ist.

6. Verwandeln Sie Ihren inneren Kritiker in einen inneren Freund und Führer

Wie gesagt, Ihr Hausfreund meint es eigentlich gut mit Ihnen. Er schießt nur über das Ziel hinaus beziehungsweise versteht es nicht, „richtig zu kommunizieren“. :-)

Da heißt es dann „ich bin ein Versager“ statt „ich bin ein Schüler, ich wachse noch, wir wachsen im Prinzip alle unser Leben lang“ oder Ähnliches mehr.

Nehmen Sie ihm den negativen Filter, finden Sie heraus, was er eigentlich für Sie tun möchte, und suchen Sie Möglichkeiten, dies zu erreichen.

Wenn Ihr innerer Kritiker Ihnen zum Beispiel „das schaffst du nicht“ sagt, dann fragen Sie ihn, warum er das glaubt. Und wenn er berechtigte Einwände hat, weil Sie zum Beispiel noch Wissenslücken haben, dann suchen Sie nach Wegen, diese zu schließen oder trotz der Lücken weiterzumachen. 

Ein Freund, der es wirklich gut mit Ihnen meint, wird Sie nicht blauäugig in Ihr Unglück laufen lassen, sondern versuchen, Ihnen mit seiner Perspektive weiterzuhelfen. Und sei es als „Kritik“.

Oder anders formuliert: Der innere Kritiker ist nicht von sich aus schlecht. Er kann Ihnen zum Beispiel helfen, sich zu entwickeln und zu wachsen, und er kann Sie vielleicht vor manchem Fehler bewahren. So wie vermutlich auch Eltern, Bezugspersonen oder sonstige Vorbilder Ihres Kritikers oft wollten. Sie müssen nur lernen, mit ihm umzugehen. :-)

Copyright Heike Thormann
Auf dieser Webseite veröffentlicht am 14.8.2025
Erstveröffentlichung 2010, letzte Überarbeitung 2025

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