Artikel
"Methoden für autobiografisches Schreiben und Biografiearbeit"
von Heike Thormann
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt.
Ihre Biografie birgt einen Schatz, nicht nur, wenn Sie diese der Nachwelt hinterlassen. Biografiearbeit und autobiografisches Schreiben helfen Ihnen zum Beispiel, sich selbst besser zu verstehen, aus Fehlern zu lernen, Gegenwart und Zukunft bewusster zu gestalten und mit Ihrem Leben ins Reine zu kommen. Dafür gibt es viele, viele Methoden. In diesem Artikel stelle ich Ihnen einige Ansätze und Zugänge vor.
Viele Menschen schreiben heute autobiografisch: Manche klassisch mit einer Autobiografie
oder einem mit Tagebuch, andere mit einem reflektierenden, analytischen Ansatz. Wieder andere Menschen schreiben nicht, sondern erzählen – ob der eigenen Familie oder als Zeitzeuge der nächsten Generation. Auch in der Wissenschaft sind autobiografisches Schreiben, autobiografisches Erzählen und Biografiearbeit
immer wichtiger geworden.
Sich mit seinem Leben und seiner Vergangenheit zu befassen kann zum Beispiel helfen:
Übrigens: Schreiben wird zwar oft als Werkzeug eingesetzt, aber die literarische Qualität Ihrer Texte spielt nur bei wenigem Autobiografischem eine Rolle. Fühlen Sie sich also gern völlig frei beim Schreiben. :-)
Wie gesagt: Es gibt viele Methoden für autobiografisches Tun. Oft lösen unterschiedliche Methoden auch unterschiedliche Assoziationen und Erinnerungen aus. Sie führen zu anderen Denkweisen und damit auch zu anderen Ergebnissen. (Siehe dazu auch "Schreiben für die Seele: Tipps für das autobiografische Schreiben".)
Manchmal kann man dies bewusst steuern. Wenn es Ihnen zum Beispiel eher um konkrete Tatsachen geht, können Sie das nächste private oder öffentliche Archiv aufsuchen. Schreibtechniken fürs Unbewusste lassen Ihre innere Stimme zu Wort kommen. Erzählrunden geben Ihnen die Möglichkeit zu Feedback von anderen Menschen. Und Körperübungen beinhalten die Weisheit Ihres Körpers. Schauen Sie, womit Sie arbeiten wollen und was Ihren Zwecken dient. Probieren Sie aber auch gern Ungewohntes aus, machen Sie neue Erfahrungen.
Dazu gehören beispielsweise alte Abbildungen, Fotos, Dias, Videos, Briefe, Tagebücher, Poesiealben, Schulzeugnisse, Urkunden, Abzeichen und andere Dokumente. Sie bieten Ihnen Faktenwissen, lösen aber auch viele Erinnerungen, Gedanken und Gefühle aus.
Zusätzlich zu den gerade genannten klassischen biografischen Quellen, über die viele Menschen verfügen, gibt es die Sammlungen öffentlicher und privater Archive. Dazu gehören zum Beispiel städtisches Melderegister und kirchliches Taufregister, Zeitungs- und Firmenarchive oder Antiquariate. Hier finden Sie weiteres Faktenwissen über die eigene Lebenswirklichkeit hinaus.
Tagebücher sind einerseits eine klassische biografische Quelle. Andererseits haben sie auch eine stark emotionale und reflektierende Komponente. Tagebücher können helfen, etwas zu verarbeiten und besser zu verstehen. Sie begleiten bei Krankheiten und Lebenskrisen. Oder sie unterstützen bei Persönlichkeitsentwicklung und der Arbeit an sich selbst. Weiteres dazu lesen Sie zum Beispiel hier: Tagebuch schreiben.
Interessieren Sie sich mehr für Ihre Abstammung und die Menschen, die Sie vielleicht geformt und geprägt haben? Dann können Sie zum Beispiel Familienforschung betreiben und einen Stammbaum (oder sogenanntes Genogramm) aufstellen. Eine frühere Teilnehmerin von mir hat auch die Mitglieder ihrer großen, weitverzweigten Familie eingeladen, sich an einem Familien-Wiki zu beteiligen. (Ähnlich wie die Wikipedia, mithilfe spezieller Software.)
Um in die Vergangenheit zu reisen, müssen es nicht immer schriftliche oder bildliche Dokumente sein wie bei den klassischen biografischen Quellen. Auch Gebrauchsgegenstände und Objekte von früher verkörpern oft ihr eigenes Faktenwissen über die Lebensbedingungen vergangener Tage. Und sie lösen natürlich ausgezeichnet weitere Erinnerungen, Gedanken und Gefühle aus. Stöbern Sie auf dem Dachboden beziehungsweise im Keller oder greifen Sie zu Dingen, die Sie an früher erinnern. Altes Kinderspielzeug. Die geliebten Schuhe, die Sie seit zwanzig Jahren begleiten – was haben sie gesehen? Die Muscheln eines früheren Strandurlaubs. Der Schmuck der Oma.
Orte tragen ebenfalls ihre Geschichte und lassen sich autobiografisch nutzen. Wandern Sie zum Beispiel beim nächsten Klassentreffen durch Ihre alte Schule: Was erkennen Sie wieder? Welche Erinnerungen werden wach? Oder mental: Versetzen Sie sich in Gedanken an Orte, die wichtig für Sie waren. Beschreiben Sie diese fürs Faktenwissen. Lauschen Sie den vielen Geschichten, Gedanken und Gefühlen, die damit verbunden sind. Das Gleiche gilt für Menschen: Wann ist das nächste Familientreffen?
Dazu kann vieles gehören: Lieder, Filme, Geschichten, Bücher, Sprichwörter, Gebete, Rituale, Traditionen und so weiter. Es erfordert nur ein wenig Aufmerksamkeit, dieses zu erkennen. Die Fernsehserie, die Sie als Kind begeistert gesehen haben; ein gedanklicher Sprung und Sie sind wieder in dieser Zeit. Die Bohnensuppe, die es immer bei Großmuttern gab. Die Krippe, die jedes Jahr wie selbstverständlich unter den Weihnachtsbaum gestellt wird und von der Sie wissen, dass schon Ihre Großeltern sie besessen haben. Wie mögen diese Weihnachten gefeiert haben? Lassen Sie Ihre Gedanken treiben und Ihr Vorstellungsvermögen arbeiten.
Gezielte autobiografische Texte sind eine weitere Möglichkeit, wie Sie sich mit sich selbst, Ihrem Leben und Ihrer Vergangenheit beschäftigen können. Dazu gehören folgende Formen.
Autobiografie: Die bekannteste Form dürfte die Autobiografie sein, die oft von Dienstleistern im Auftrag älterer Menschen geschrieben wird, die auf diese Weise im Gedächtnis von Familie und Mitmenschen bleiben möchten. Auch dabei erfolgt noch einmal eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. So besteht die Chance, dieses abzuschließen und ins Reine zu bringen.
Erfahrungs-/Verarbeitungsliteratur: Dann gibt es die Erfahrungs- oder Verarbeitungsliteratur, sogenannte „Wahre Geschichten“ oder Geschichten, die das Leben schrieb. Diese können von Autoren und Biografen für den Buchmarkt aufbereitet sein. Oft sind es aber auch Laien, die Erlebnisse aus ihrem Leben verarbeiten oder Erfahrungen mit anderen teilen möchten. Soll eine größere Leserschar erreicht werden, empfiehlt sich ggf. eine professionelle Umsetzung.
Memoiren werden oft von Ghostwritern im Auftrag von Berühmtheiten geschrieben. Portraits und Biografien werden über andere Menschen geschrieben. Etliches Autobiografisches findet auch seinen Weg in die belletristische Literatur wie Roman und Kurzgeschichte.
Bei den Schreibformen dieses Abschnitts geht es, wie schon bei Tagebuch und Co., nicht um die Qualität Ihrer Texte. Schreiben ist hier nur Mittel zum Zweck.
Mit diesen Schreibformen versuchen Sie, tieferliegende, unbewusste Teile von sich selbst zu erreichen. Zum Beispiel können Sie mit einem Free Writing biografische Fragen abklopfen und sehen, was Sie dazu an Erinnerungen, Gedanken und Gefühlen in sich tragen. Mit den Morgenseiten von Julia Cameron können Sie mental aufräumen, bevor Sie in den Tag starten.
Kursleiter, Trainer, Coaches, Therapeuten und verwandte Berufe setzen teilweise gern biografische Schreibübungen ein, um mithilfe des Schreibens bestimmte Lebensthemen zu bearbeiten. Auch ich mache das. Diese Übungen können zu Faktenwissen führen. Oft geht es aber eher darum, zu reflektieren, zu erkennen und neue Zusammenhänge herzustellen. Dazu finden Sie bei mir, aber auch in der Literatur, viele Anregungen und Ideen.
Bei analytischen autobiografischen Zugängen können Sie einen Stift in die Hand nehmen, Sie müssen aber nicht. Auch hier geht es, wie bei den reflektierenden Schreibübungen, darum, zu erkennen und zu verstehen. Erlaubt ist alles, was dieses unterstützt, sei es Archivmaterial, Bilder, Objekte, Fragen und Diskussionen oder eben schriftliche Auswertungen und Notizen. Auch die Themen sind vielfältig und offen. Sie können nach Weichenstellungen und einem roten Faden in Ihrem Leben suchen. Sie können Ihre Werte früher und heute vergleichen. Sie können mit Jüngeren über die Veränderung von Gewohnheiten diskutieren. Und vieles mehr. Auch hierzu gibt es bei mir, in der Literatur und in der Erwachsenenbildung viele Anregungen.
Gerade ältere Menschen erzählen oft lieber, statt zu schreiben. Erzählcafés, Erzählrunden von Jüngeren und Älteren oder der Austausch mit Zeitzeugen tragen dieser Tatsache Rechnung. Gibt es so etwas in Ihrer eigenen Stadt? Oder wie wäre es mit einem Dia- oder Fotoabend und lustigen Anekdoten in Familie und Freundeskreis? Auch die Interaktion mit einer Kursgruppe kann helfen, seine Erinnerungen zu vertiefen, konkreter zu sehen oder zu hinterfragen.
Der Körper hat seine eigene Weisheit. Im Körpergedächtnis sind noch viele Jahre später die Spuren von Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen gespeichert. Und diese Spuren können Sie über den Körper auch wieder abrufen. Achten Sie öfter bewusst auf Ihren Körper. Verkrampft sich zum Beispiel alles in Ihnen, wenn Sie an bestimmte Menschen denken, mit Konzepten wie dem Leistungsdenken konfrontiert werden oder sich an erlittene Strafen erinnern?
Schreib-/Mal-Methoden wie Hand- und Körperkarten versuchen, über die Verbindung zum Körper wieder Assoziationen auszulösen, Erinnerungen, Gedanken und Gefühle abzurufen. Malen Sie dazu zum Beispiel die Umrisse Ihrer Hand oder Ihres Körpers auf Packpapier beziehungsweise lassen Sie sich dabei helfen. Geben Sie Ihren Körperteilen eine Stimme oder rufen Sie sich damit verbundene Erinnerungen ins Gedächtnis. Die Narbe, die Sie an den schweren Unfall erinnert. Die Finger, wie sie Ihren grünen Lieblingsfüller in der Schule hielten.
Erwachsenenbildung und Therapie arbeiten mit Aufstellungen, Bewegungen oder dem Nachspielen von Situationen.
Natürlich gibt es noch viele weitere Methoden und Zugänge, gerade kreative Techniken wie Malen, Musik oder Theater können sehr ergiebig sein. Halten Sie die Augen offen und Sie werden auf zahlreiche Anregungen stoßen, wie Sie sich biografisch mit sich selbst und Ihrem Leben auseinandersetzen können. Ich wünsche Ihnen dabei viel Freude und alles Gute.
Sich mit seinem Leben und seiner Vergangenheit zu befassen kann zum Beispiel helfen:
- seine Erfahrungen weiterzugeben, im Gedächtnis der Nachfolgenden zu bleiben,
- seine Erlebnisse aufzuarbeiten, das Geschehene zu begreifen, aus Fehlern zu lernen,
- sich selbst, sein Verhalten und sein Leben besser zu verstehen, sich besser zu kennen,
- mit diesem Wissen um sich selbst Gegenwart und Zukunft bewusster zu gestalten,
- Gefühle auszudrücken, ein Ventil für sie zu finden, sie zu lindern und zu lösen,
- das Schöne in seinem Leben zu sehen und Dankbarkeit dafür zu empfinden,
- sich mit seinem Leben auszusöhnen und ins Reine zu kommen.
Übrigens: Schreiben wird zwar oft als Werkzeug eingesetzt, aber die literarische Qualität Ihrer Texte spielt nur bei wenigem Autobiografischem eine Rolle. Fühlen Sie sich also gern völlig frei beim Schreiben. :-)
Methoden für autobiografisches Schreiben und Biografiearbeit
Wie gesagt: Es gibt viele Methoden für autobiografisches Tun. Oft lösen unterschiedliche Methoden auch unterschiedliche Assoziationen und Erinnerungen aus. Sie führen zu anderen Denkweisen und damit auch zu anderen Ergebnissen. (Siehe dazu auch "Schreiben für die Seele: Tipps für das autobiografische Schreiben".)
Manchmal kann man dies bewusst steuern. Wenn es Ihnen zum Beispiel eher um konkrete Tatsachen geht, können Sie das nächste private oder öffentliche Archiv aufsuchen. Schreibtechniken fürs Unbewusste lassen Ihre innere Stimme zu Wort kommen. Erzählrunden geben Ihnen die Möglichkeit zu Feedback von anderen Menschen. Und Körperübungen beinhalten die Weisheit Ihres Körpers. Schauen Sie, womit Sie arbeiten wollen und was Ihren Zwecken dient. Probieren Sie aber auch gern Ungewohntes aus, machen Sie neue Erfahrungen.
Teil 1: Archivierende Aufzeichnungen
Klassische biografische Quellen
Dazu gehören beispielsweise alte Abbildungen, Fotos, Dias, Videos, Briefe, Tagebücher, Poesiealben, Schulzeugnisse, Urkunden, Abzeichen und andere Dokumente. Sie bieten Ihnen Faktenwissen, lösen aber auch viele Erinnerungen, Gedanken und Gefühle aus.
Regelrechtes Archivmaterial
Zusätzlich zu den gerade genannten klassischen biografischen Quellen, über die viele Menschen verfügen, gibt es die Sammlungen öffentlicher und privater Archive. Dazu gehören zum Beispiel städtisches Melderegister und kirchliches Taufregister, Zeitungs- und Firmenarchive oder Antiquariate. Hier finden Sie weiteres Faktenwissen über die eigene Lebenswirklichkeit hinaus.
Spezialform 1: Tagebuch schreiben und auswerten
Tagebücher sind einerseits eine klassische biografische Quelle. Andererseits haben sie auch eine stark emotionale und reflektierende Komponente. Tagebücher können helfen, etwas zu verarbeiten und besser zu verstehen. Sie begleiten bei Krankheiten und Lebenskrisen. Oder sie unterstützen bei Persönlichkeitsentwicklung und der Arbeit an sich selbst. Weiteres dazu lesen Sie zum Beispiel hier: Tagebuch schreiben.
Spezialform 2: Stammbaum und Familienforschung
Interessieren Sie sich mehr für Ihre Abstammung und die Menschen, die Sie vielleicht geformt und geprägt haben? Dann können Sie zum Beispiel Familienforschung betreiben und einen Stammbaum (oder sogenanntes Genogramm) aufstellen. Eine frühere Teilnehmerin von mir hat auch die Mitglieder ihrer großen, weitverzweigten Familie eingeladen, sich an einem Familien-Wiki zu beteiligen. (Ähnlich wie die Wikipedia, mithilfe spezieller Software.)
Teil 2: Weiteres Material aus früheren Zeiten
Weitere Objekte von früher
Um in die Vergangenheit zu reisen, müssen es nicht immer schriftliche oder bildliche Dokumente sein wie bei den klassischen biografischen Quellen. Auch Gebrauchsgegenstände und Objekte von früher verkörpern oft ihr eigenes Faktenwissen über die Lebensbedingungen vergangener Tage. Und sie lösen natürlich ausgezeichnet weitere Erinnerungen, Gedanken und Gefühle aus. Stöbern Sie auf dem Dachboden beziehungsweise im Keller oder greifen Sie zu Dingen, die Sie an früher erinnern. Altes Kinderspielzeug. Die geliebten Schuhe, die Sie seit zwanzig Jahren begleiten – was haben sie gesehen? Die Muscheln eines früheren Strandurlaubs. Der Schmuck der Oma.
Weitere Orte und Menschen von früher
Orte tragen ebenfalls ihre Geschichte und lassen sich autobiografisch nutzen. Wandern Sie zum Beispiel beim nächsten Klassentreffen durch Ihre alte Schule: Was erkennen Sie wieder? Welche Erinnerungen werden wach? Oder mental: Versetzen Sie sich in Gedanken an Orte, die wichtig für Sie waren. Beschreiben Sie diese fürs Faktenwissen. Lauschen Sie den vielen Geschichten, Gedanken und Gefühlen, die damit verbunden sind. Das Gleiche gilt für Menschen: Wann ist das nächste Familientreffen?
Weiteres Kulturgut und Traditionen von früher
Dazu kann vieles gehören: Lieder, Filme, Geschichten, Bücher, Sprichwörter, Gebete, Rituale, Traditionen und so weiter. Es erfordert nur ein wenig Aufmerksamkeit, dieses zu erkennen. Die Fernsehserie, die Sie als Kind begeistert gesehen haben; ein gedanklicher Sprung und Sie sind wieder in dieser Zeit. Die Bohnensuppe, die es immer bei Großmuttern gab. Die Krippe, die jedes Jahr wie selbstverständlich unter den Weihnachtsbaum gestellt wird und von der Sie wissen, dass schon Ihre Großeltern sie besessen haben. Wie mögen diese Weihnachten gefeiert haben? Lassen Sie Ihre Gedanken treiben und Ihr Vorstellungsvermögen arbeiten.
Teil 3: Gezielte autobiografische Texte
Gezielte autobiografische Texte sind eine weitere Möglichkeit, wie Sie sich mit sich selbst, Ihrem Leben und Ihrer Vergangenheit beschäftigen können. Dazu gehören folgende Formen.
Autobiografie: Die bekannteste Form dürfte die Autobiografie sein, die oft von Dienstleistern im Auftrag älterer Menschen geschrieben wird, die auf diese Weise im Gedächtnis von Familie und Mitmenschen bleiben möchten. Auch dabei erfolgt noch einmal eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben. So besteht die Chance, dieses abzuschließen und ins Reine zu bringen.
Erfahrungs-/Verarbeitungsliteratur: Dann gibt es die Erfahrungs- oder Verarbeitungsliteratur, sogenannte „Wahre Geschichten“ oder Geschichten, die das Leben schrieb. Diese können von Autoren und Biografen für den Buchmarkt aufbereitet sein. Oft sind es aber auch Laien, die Erlebnisse aus ihrem Leben verarbeiten oder Erfahrungen mit anderen teilen möchten. Soll eine größere Leserschar erreicht werden, empfiehlt sich ggf. eine professionelle Umsetzung.
Memoiren werden oft von Ghostwritern im Auftrag von Berühmtheiten geschrieben. Portraits und Biografien werden über andere Menschen geschrieben. Etliches Autobiografisches findet auch seinen Weg in die belletristische Literatur wie Roman und Kurzgeschichte.
Teil 4: Weitere Schreibformen
Bei den Schreibformen dieses Abschnitts geht es, wie schon bei Tagebuch und Co., nicht um die Qualität Ihrer Texte. Schreiben ist hier nur Mittel zum Zweck.
Schreiben fürs Unbewusste
Mit diesen Schreibformen versuchen Sie, tieferliegende, unbewusste Teile von sich selbst zu erreichen. Zum Beispiel können Sie mit einem Free Writing biografische Fragen abklopfen und sehen, was Sie dazu an Erinnerungen, Gedanken und Gefühlen in sich tragen. Mit den Morgenseiten von Julia Cameron können Sie mental aufräumen, bevor Sie in den Tag starten.
Reflektierende Schreibübungen
Kursleiter, Trainer, Coaches, Therapeuten und verwandte Berufe setzen teilweise gern biografische Schreibübungen ein, um mithilfe des Schreibens bestimmte Lebensthemen zu bearbeiten. Auch ich mache das. Diese Übungen können zu Faktenwissen führen. Oft geht es aber eher darum, zu reflektieren, zu erkennen und neue Zusammenhänge herzustellen. Dazu finden Sie bei mir, aber auch in der Literatur, viele Anregungen und Ideen.
Teil 5: Weitere Zugänge
Analyse
Bei analytischen autobiografischen Zugängen können Sie einen Stift in die Hand nehmen, Sie müssen aber nicht. Auch hier geht es, wie bei den reflektierenden Schreibübungen, darum, zu erkennen und zu verstehen. Erlaubt ist alles, was dieses unterstützt, sei es Archivmaterial, Bilder, Objekte, Fragen und Diskussionen oder eben schriftliche Auswertungen und Notizen. Auch die Themen sind vielfältig und offen. Sie können nach Weichenstellungen und einem roten Faden in Ihrem Leben suchen. Sie können Ihre Werte früher und heute vergleichen. Sie können mit Jüngeren über die Veränderung von Gewohnheiten diskutieren. Und vieles mehr. Auch hierzu gibt es bei mir, in der Literatur und in der Erwachsenenbildung viele Anregungen.
Erzählarbeit
Gerade ältere Menschen erzählen oft lieber, statt zu schreiben. Erzählcafés, Erzählrunden von Jüngeren und Älteren oder der Austausch mit Zeitzeugen tragen dieser Tatsache Rechnung. Gibt es so etwas in Ihrer eigenen Stadt? Oder wie wäre es mit einem Dia- oder Fotoabend und lustigen Anekdoten in Familie und Freundeskreis? Auch die Interaktion mit einer Kursgruppe kann helfen, seine Erinnerungen zu vertiefen, konkreter zu sehen oder zu hinterfragen.
Körperarbeit
Der Körper hat seine eigene Weisheit. Im Körpergedächtnis sind noch viele Jahre später die Spuren von Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen gespeichert. Und diese Spuren können Sie über den Körper auch wieder abrufen. Achten Sie öfter bewusst auf Ihren Körper. Verkrampft sich zum Beispiel alles in Ihnen, wenn Sie an bestimmte Menschen denken, mit Konzepten wie dem Leistungsdenken konfrontiert werden oder sich an erlittene Strafen erinnern?
Schreib-/Mal-Methoden wie Hand- und Körperkarten versuchen, über die Verbindung zum Körper wieder Assoziationen auszulösen, Erinnerungen, Gedanken und Gefühle abzurufen. Malen Sie dazu zum Beispiel die Umrisse Ihrer Hand oder Ihres Körpers auf Packpapier beziehungsweise lassen Sie sich dabei helfen. Geben Sie Ihren Körperteilen eine Stimme oder rufen Sie sich damit verbundene Erinnerungen ins Gedächtnis. Die Narbe, die Sie an den schweren Unfall erinnert. Die Finger, wie sie Ihren grünen Lieblingsfüller in der Schule hielten.
Erwachsenenbildung und Therapie arbeiten mit Aufstellungen, Bewegungen oder dem Nachspielen von Situationen.
Natürlich gibt es noch viele weitere Methoden und Zugänge, gerade kreative Techniken wie Malen, Musik oder Theater können sehr ergiebig sein. Halten Sie die Augen offen und Sie werden auf zahlreiche Anregungen stoßen, wie Sie sich biografisch mit sich selbst und Ihrem Leben auseinandersetzen können. Ich wünsche Ihnen dabei viel Freude und alles Gute.
Literaturtipps:
- Barry Lane: Schreiben heißt sich selbst entdecken. Kreatives Schreiben autobiografischer Texte.
- Stefan Schwidder: Ich schreibe, also bin ich. Schritt für Schritt zur eigenen Biographie.
- Herbert Gudjons: Auf meinen Spuren. Übungen zur Biografiearbeit.
- Hans Georg Ruhe: Praxishandbuch Biografiearbeit. Methoden, Themen und Felder. (Partnerlink zu amazon, kleine Umsatzbeteiligung für mich)
Auf dieser Webseite veröffentlicht am 25.9.2025
Erstveröffentlichung 2018, letzte Überarbeitung 2025
Möchten Sie sich für meine Artikel mit einer kleinen Spende bedanken? Dann sage ich herzlichen Dank. :-) (QR-Code oder Button zu Paypal.)
